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Grillfleisch zum Frühstück

Morgens weckt uns Gesang und Trommeln. „Penduka“, (das heißt „wach auf“) ruft ein Mann vor unserem Auto. Als ich den Kopf aus dem Dachzelt unseres Mietwagens stecke, dämmert gerade ein neuer Morgen. Es ist der Hochzeitstag meiner Freundin Elisabeth, heute soll es in die Kirche gehen. Gestern kamen wir im Ovambo-Dorf an. Die Ovambo sind die größte Volksgruppe Namibias und leben im Norden. Die Gegend ist durchzogen von Sand, großen Marula-Bäumen und silbergrünen Palm-Wäldern. Rinder und Ziegen weiden am Straßenrand. Hier wird hauptsächlich Landwirtschaft betrieben.

Wir sind zu Gast im Dorf der Eltern meiner Freundin Elisabeth, das aus einem mit Holz-Palisaden umzäunten Kraal besteht. Hier leben Elisabeths Eltern in strohgedeckten Hütten, sie halten Hühner, Ziegen und Rinder außerdem Pflanzen sie Mahango (Perlhirse) an. Da Elisabeth sieben Geschwister hat, ist es eine große Familie mit vielen Verwandten. Elisabeths Hochzeitsgäste sind mit Kind, Kegel und je einem Rind pro Familie angereist. Rund um den Kraal haben sie ihre Camps, bestehenden aus großen Partyzelten, in denen sich kleine Zelte befinden, aufgebaut.

 

Nichts für Vegetarier

 

Die Rinder wurden gestern Abend geschlachtet, vor den Augen der gesamten Festgesellschaft. Die Tiere sind ein Geschenk an die Braut, sie bekommt von jedem Rind ein Stück, das restliche Fleisch geht an die Gäste. Mitzuerleben, wie die Stiere in ihrem Kraal erschossen wurden, war interessant. Als die Rinder am Boden lagen, wurden sie rasch von vielen Händen zerlegt und zerteilt. Die Tiere waren alle geimpft. An Haken wurde das Fleisch meist unter Zeltplanen abgehängt. Nach dem Schlachten wurden dann Feuer zum Grillen des Fleisches entzündet. Nichts für Vegetarier --  aber so frisches Fleisch habe ich noch nie gegessen.

Gesang und Freudenschreie der Frauen ertönen den ganzen Tag und die ganze Nacht über. Eine Gruppe Männer besingt die Braut die ganze Nacht, während sie auf einem Stuhl sitzt und keine Miene verzieht. Der Bräutigam wird erst morgen eintreffen. Irgendwann ist die Nacht zu Ende und die Braut hat vielleicht doch noch etwas Schlaf abbekommen.

An diesem Morgen brennen schon wieder die Feuer rund um das Dorf. Es gibt zum Frühstück wieder Fleisch- und Papp, der typische Maisbrei.

 

 

Elisabeths Tante, die mit vielen Verwandten angereist ist, nimmt uns unter ihre Fittiche. Bei ihr im großen Partyzelt frühstücken wir und sie ist es auch, die am Hochzeitstag mit in die Kirche kommt, um für uns zu übersetzen. In der Kirche werden Elisabeth und ihr Mann Gideon getraut. Die Kirche ist eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt. Der Sand ist tief und nur Dank Vierradantrieb schwankt unser Pick-up wie ein Schiff auf ruhiger See durch die Spurrillen. Vor uns der Toyota mit der Braut und den Trauzeugen, Brautjungfern und Gästen in blauen Abendkleidern. Sie drängen sich auf der Ladefläche des Pick-ups. Es ist eine kleine Truppe, die die Kirche besucht. Die Frauen im Dorf kümmern sich um das Essen für das Fest, die Männer sitzen beieinander und die anderen Gäste bleiben in ihren Camps. Kirche ist wohl nichts so beliebt, und wir erfahren auch bald warum. Als die Gäste und das Brautpaar in der Kirche – sie besteht aus einem einfachen Haus mit Wellblechdach und Kreuz an der Wand – Platz genommen haben, schimpft die Pfarrerin lautstark. Sie schimpft, weil die Männer ihre Hüte nicht abgenommen haben, weil das Brautpaar die Stühle für die Trauung vergessen hat, und weil eine Verwandte für uns übersetzt und deshalb mit uns tuschelt. So eine strenge afrikanische Pfarrerin habe ich noch nie erlebt. Fast kommt es einem vor, als wäre ein Missionar erschienen, um die „Wilden“ zu belehren. Allgemeines Aufatmen ist zu spüren, als die Trauung vorbei ist. Danach darf jeder, der etwas sagen will, eine Rede halten und dem Brautpaar Ratschläge geben. Und das sind viele, die Tante, der Onkel, der Cousin…am Ende haben wir fünf Stunden in der Kirche verbracht. Meine Hoffnung, dass es in der Nähe der Kirche eine Toilette gibt, wird nur teilweise erfüllt. Das Klo ist ein Plumpsklo und ziemlich eklig. Ich finde mich damit ab, dass ich wohl früher oder später, so wie alle, in die Büsche gehen muss. Denn eine Toilette oder gar Dusche gibt es im Ovambo-Kraal nicht.